Nemorale Waelder

Die sommergruenen Laub- und Mischwaelder der gemäßigten Zone

Foto c) Elke Gelzleichter
Foto c) Elke Gelzleichter

 

Wanderer, begleite mich von den dunklen, immergrünen borealen Wäldern des Nordens zu den sommergrünen Laub- und Mischwäldern der gemäßigten Zone und erkenne die ganze Palette vielfältigen Lebens an Fauna und Flora in dieser Vegetationszone, die vorwiegend auf der nördlichen Halbkugel zu finden ist mit drei Hauptverbreitungsgebieten: Von den Britischen Inseln aus dehnt sich in Europa diese artenreiche Zone über Frankreich, Mittel- und Osteuropa bis hin zum Ural, im Fernen Osten berührt sie den Nordosten Chinas, streift Korea und Japan und dann erstreckt sie sich südlich der Großen Seen des nordamerikanischen Kontinents in östlicher Richtung bis zum Atlantik und dem Golf von Mexiko. Kleinere Enklaven haben sich auf der südlichen Halbkugel in Mittel-Chile, Tasmanien und auf der Südinsel Neuseelands herausgebildet, die von unterschiedlichen Mitgeschöpfen bevölkert werden.

 

Das Wachstum dieser Wälder in einem Großteil des Jahres richtet sich nach ihrer Lage zum Meer. Sie bieten mit ihren Unterwachsungen von Buschwerk und Hecken einen optimalen Schutz, so dass manches Tier ungesehen umherstreifen kann, zwischen Europas Buchen und Eichen, den Birken, Pappeln, Ahorn, Eschen, Linden und Kastanien, und auch den Kiefern und Fichten, die sich mit den Laubgruenen des Sommers vergesellschaften. Erlen- und Weidenbrüche unterbrechen das Landschaftsbild, wechseln ab mit Mooren und Sümpfen. Beerensträucher und Moose, Wildblumen und Kräuter sowie die dicke Blätterschicht der Vorjahre bedecken die Böden und schützen sie vor den Winden und dem Austrocknen oder verwehren dornenbewehrt den Zugang ins Dickicht. Farnwedel erinnern an graue Vorzeiten, im grünen Gewirr verbergen sich Wildtiere, wie Dam- und Rotwild, die Schwarzkittel – Dir mehr als Wildschwein bekannt, Wanderer. Füchse und Hasen sagen sich hier „gute Nacht“, Biber bauen an den Bach- und Flussläufen ihre Burgen, Dachse graben ihre Wohnungen in Böschungen und immer wieder streifen Luchs und Wildkatze, neben Mardern und Eichhorn durch die Reviere. In luftigen Höhen singen Waldvögel besonders in den Morgen- und Abendstunden, die zahlreichen Strophen ihres Gesanges. Hier ist auch die Heimat des Canis lupus lupus. Dem Europäischen Wolf gelingen Wanderungen von 1000 km und mehr auf der Suche nach den geeigneten Partnern; dagegen ist in Tasmaniens Südbuchenwäldern mit Akazien und Eukalyptus ein merkwürdiges Wesen zu Hause, dessen enervierendes Schreien die Wälder erfüllt: Es ist der Tasmanische Beutelteufel, leicht erregbar – seine Ohren färben sich feuerrot im Zorn, die Ursache für die ungewöhnliche Namensgebung. In ihrem Hang zum gegenseitigen Beißen ist die Grundursache für ihr allmähliches Aussterben; denn dadurch wurde und wird ein Virus verbreitet, der bei den Beutelteufeln zu einer Art Gesichtskrebs führt...

 

Wenn der Herbst Nüsse, Eicheln, Bucheckern und Kastanien reifen lässt, die letzten Beeren überreif an den Zweigen hängen, taucht diese dritte Jahreszeit das Sommergrün der Blätter in die schönsten Farben, der Sommer verrauscht im Bunt der Wälder. Jetzt gilt es auszuruhen für Bäume und Pflanzen, aber nur für eine kurze Zeit; denn schon Im Frühjahr treiben drängende Säfte neue Sprossen, und die Wälder werden gleichsam neu geboren in frischem Sommergrün.