Cygnus olor - Höckerschwan
Suen – rauschen, tönen (svanas – altindisch für Ton und Gesang), dieses alte indogermanische Wort beschreibt fast lautmalerisch die Fluggeräusche dieser weiß gefiederten Wesen, die Traumwelten entstiegen sein mögen, und schafft damit zugleich auch die Voraussetzung für ihre Namensgebung: „Schwan/Schwäne“. Es verbietet sich fast von selbst, von dieser Vogelart aus der Familie der Entenvögel (Ordnung Gänsevögel) nur profan in dürren Worten zu berichten, etwa über die Körperlänge von etwa 160 cm, von der beeindruckenden Flügelspannweite von ca. 240 cm oder dem Körpergewicht der ausgewachsenen Männchen zwischen 10,6 und 13,5 kg, und dass das der weiblichen Wesen dagegen in der Regel nur etwa 10 kg erreicht. Damit gehört der Höckerschwan – zu erkennen an dem schwarzen Schnabelhöcker, der ihn von anderen Schwanenarten unterscheidet – zu den größten flugfähigen Wasservögeln Mitteleuropas, die ein stattliches Lebensalter von ca. 20 Jahren und mehr erreichen können, lebenslang mit dem einmal erwählten Partner verbunden, der Tod des Weggefährten wird nur schwer verwunden, selten ist das „verwitwete“ Tier zu einer neuen Bindung fähig.
Das herrliche, reinweiße Gefieder der erwachsenen Tiere beflügelte schon seit Urzeiten die menschliche Phantasie, setzte dieses besondere „Seelentier“ mit den Begriffen „Anmut“, „Grazie“, „Himmelsbote“ gleich und nahm sie zu Symbolen des Lichtes, der Reinheit, der Reifung und Vollendung, deshalb erscheinen sie in der Religionsgeschichte alter Kulturen und vieler Völker als Begleittiere eines Gottes, wie z.B. von Apollon oder Brahma. Selbst der verliebte Göttervater Zeus erwählt den reinen Schwan als Verwandlungsform, um sich unerkannt der schönen Leda zu nähern….Lohengrins Nachen wird von einem Schwan gezogen.
Eine Vielzahl von Märchen und Mythen mit und um die Schwäne zeugt von der inspirierenden Symbolkraft des Tieres, das sowohl in der Luft, auf dem Wasser und der Erde zu Hause ist, spricht von seinem Ahnungsvermögen und seinen Botschaften, die in den menschlichen Träumen und Imaginationen als Hinweis auf die ahnende Anima dienen können, die uns mit verschüttetem Wissen und alten Weisheiten verbindet oder fast prophetisch auf Wandlungsprozesse hinweist.
Beispielhaft für die Wandlungsfähigkeit des Schwanes die Verwandlung vom „hässlichen Entlein“ in den Liebreiz des erwachsenen Tieres, die sich eindrucksvoll in Hans Christian Andersens bekanntem Märchen niederschlug, aber auch ganz real in der Natur von den hell silberfarbenen Dunenküken (mit weißer Unterseite) über die dumpf grau-braunen Jungvögel bis zu dem strahlenden Weiß des Gefieders der erwachsenen Schwäne, die sich – gebunden auf Lebenszeit - erst im dritten bis vierten Lebensjahr auf dem Land fortpflanzen. Vater Schwan beginnt mit dem Nestbau, das weibliche Tier schließt sich an: Meist auf kleinen Inseln, dem Wasser nahe, entsteht ein großer Bau aus Reisern, Schilf und Röhricht, schwach mit Daunenfedern ausgepolstert, für das Gelege aus durchschnittl. etwa acht Eier von schmutzig-gelb-brauner Farbe (in einem Legeabstand von etwa 48 Stunden). Überwiegend bebrütet das Weibchen das Gelege innerhalb einer Zeit von 35 bis 38 Tagen, die Küken – Nestflüchter - werden von beiden Eltern bis zum Flüggewerden (in ca. 120 bis 150 Tagen) in sorgsamer Brutfürsorge betreut, u.a. durch das Herausreißen von Unterwasservegetation, die die kleinen Dunenküken zur Ernährung noch nicht erreichen können. Zahlreich sind die Gefahren, die auf die kleinen Schwanenkinder lauern, der Hauptgrund, warum die Elterntiere agressiv und gefährlich gegen „Eindringlinge“ werden können: Gegen Hunde, Fuchs, Marder oder auch See- und Fischadler wissen sich diese wehrhaften Vögel gekonnt und erfolgreich zu verteidigen, ein gebrochener menschlicher Unterarmknochen kann durchaus aus der Konfrontation eines übergriffigen Menschen mit einem erbosten Schwanenpaar herrühren.
Und doch…die Mortalitätsrate unter den Dunenküken und Jungvögeln ist sehr hoch. 29 bis 49 % der Gelege gehen verloren, bevor die Küken schlüpfen – Ursache: Menschlicher Vandalismus!!
Als hätte ein Engel Segel gesetzt,
sie leicht betaut mit Tränen,
ihre Flügel sanft benetzt,
so schimmern hell die Schwäne.
Unschuld, Demut neigt ihr Haupt
dem eignen Bild entgegen,
das strahlend nun entgegenschaut,
wie Hauch von Himmelssegen.
Wie Perlen blinkt’s im Silberweiß
sich blähenden Gefieders,
die Fluten ziehen Kreis um Kreis,
sucht ihr des Grales Hüter?
Ein Flügelrauschen noch im Ried,
letzte Federn netzt die Flut,
die ihre Kreise weiter zieht,
im Gold und Rot der Abendglut.
© Elke Gelzleichter (14.06.13)