Die Rückkehr der Ptecin´cala Ska Wakan Winan

Wolf

Zeitenwende – Die Rückkehr der Ptecin´cala Ska Wakan Winan (Weiße Büffel- Kalb-Frau)

Hörst Du sie raunen, sie die Vergangenen, die Gegenwärtigen, die Zukünftigen? Hörst Du sie flüstern von jener Prophezeiung, die sich in diesen, den gegenwärtigen und zukünftigen Zeiten erfüllen soll?

Und während sie erzählen, entstehen vor Deinen Augen die Bilder jenes Ereignisses vor langen, langen Monden ( etwa 2000 Jahre würdet Ihr sagen. Ihr, die man Euch Bleich- oder Geistergesichter nannte), in der Zeit unserer Vorväter als die Lakota noch an den großen Seen im Osten wohnten und eines Winters der Geist des Nordens wütend die Welt mit Eis und Schnee überzogen hatte:

 

Sie erzählen davon, dass die von dicken Eiskrusten überzogenen Äste die Schneelasten nicht mehr trugen, dass sie mit lautem Krachen brachen, das die Tage und Nächte erfüllte. Die bis auf den Grund gefrorenen Flüsse boten keine Nahrung mehr und die Jäger, die sich der bissigen Kälte aussetzten, um Fleisch zu beschaffen, kehrten meistens mit leeren Händen zurück, das Wild hatte sich zurückgezogen. Es nützte nichts, wenn große Feuer die Tipis zu erwärmen suchten, noch so viele aufgeschichtete Felle schützten kaum vor der klirrenden Kälte. Hunger wütete in den Gedärmen, das Weinen und Wehklagen der Kinder und Frauen wurde nur noch von dem Ächzen der windgepeitschten Wälder übertönt.

 

Höre weiter, wie das Volk der Lakota im Frühjahr beschloss, weiter nach Süden, zur Sonne in wärmere Gefilde zu ziehen. Es gab nicht viel Gepäck: Tipis und Felle wurden schnell gepackt und auf die Travois der wenigen Hunde geladen, die noch übrig geblieben waren.

 

Zwei Kundschafter, junge Männer, deren Charaktere unterschiedlicher nicht sein konnten, wurden vorausgeschickt, der Eine nur selbstsüchtig - tapfer und selbstlos der Andere. Natürlich kamen sie schneller vorwärts als der Rest der Umsiedler, der sich nur langsam in unwegsamen Gelände vorwärts bewegen konnte, gebeugt durch die schweren Lasten, die sonst die Hunde trugen. Im Laufe des Tages gelang es den beiden Scouts, einen Hirsch zu erlegen, den sie als Nahrung für die Nachfolgenden liegen ließen, da anzunehmen war, dass man sich hier zur Rast niederlassen würde.

 

Siehst Du den Nebel vor Deinen Augen aufsteigen, der plötzlich den Hügel dort drüben verhüllt? Erstaune, wie die beiden jungen Männer erstaunten, als sie in den wabernden Nebelschwaden die Umrisse einer Frau erkannten. Schnell verzogen sich die Nebel und die Frau war klar zu erkennen, wunderschön in Aussehen und Gestalt, bekleidet mit einem kurzen Rock, geschmückt mit Arm- und Fußreifen aus Salbei. Ein Bündel, eingehüllt in rotes Büffelleder lag in der Beuge ihres linken Armes, in der linken Hand trug sie ein Büschel Kräuter, einen Köcher auf dem Rücken. Angezogen von der wundersamen Schönheit der Frau beschloss der selbstsüchtige Kundschafter, sie sofort zu besitzen. Er hörte nicht auf die mahnende Stimme des Begleiters, dessen Sinne durch die Ereignisse geschärft waren und der darauf hinwies, dass diese Erscheinung eine Botin des „Großen Mysteriums“ sein könnte und heilig, daher nicht anzutasten sei. Doch die Gier hatte die Sinne des Anderen verblendet. „Ach, was“ entgegnete dieser, „sie ist nicht heilig, sieh doch, sie ist ein Mensch auf zwei Beinen wie wir, ich muss sie haben“.

 

Hörst Du die Stimme des Zauberwesens, das dem törichten jungen Scout Halt gebietet, als er sich ihr eilig nähern will? Klingt sie in Deinen Ohren, die Erklärung, dass sie ein heiliges Wesen sei und er sich ihr nicht weiter nähern dürfe. Doch die mahnende Stimme stieß auf taube Ohren, kühn eilte der Kundschafter weiter. Während nun die Schöne ihre Habseligkeiten auf die Erde legte, stieg wieder Nebel auf und der andere Scout sah wie die weißen Schleier abermals die schöne Fremde zusammen mit dem Gefährten umschlossen und umhüllten, gleich einer undurchdringlichen Wand. Nichts war mehr zu sehen, doch nach einem Moment der Stille ertönte plötzlich ein schreckliches Geräusch, ein Rasseln und Zischen wie von 1000 wütenden Klapperschlangen. Entsetzt wollte der junge Mensch das Weite suchen, doch die Nebel lichteten sich ebenso schnell wie sie entstanden waren, ruhig stand die schöne Frau neben einem Haufen ausgebleichter Knochen.

Sanft redete nun das heilige Wesen auf den Erschrockenen ein, verhieß ihm, dass ihm bestimmt sei, ein großer Schamane seines Volkes zu werden. Weiter sprach sie: „Ich habe deinem Volk viel zu sagen. Geh‘ nun zu seinem Lagerplatz und berichte ihm von meinem Kommen. Einen großen Kreis aus grünen Zweigen baue, die Öffnung nach Osten hin. In die Mitte stelle ein Rats-Tipi, auf dessen Boden eine dicke Schicht Salbei gestreut werden soll, am Morgen werde ich da sein.“

 

Mirmir2
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Alles geschah nach den Wünschen des Wesens

Und siehe, als der Morgen kam, erschien die Botin des großen Mysteriums und entrollte sogleich das Bündel aus rotem Büffelleder. Es enthielt Tabak, die Feder eines gefleckten Adlers, die Haut eines rotköpfigen Spechtes, eine Rolle Büffelhaar, einige Zöpfe süßen Grases und als wichtigstes eine rote Steinpfeife, in deren Holzstiel das Bild eines Büffelkalbes eingraviert war. Dann erklärte die Botin, warum das Große Mysterium, der Große Geist, sie geschickt habe: Um diesem Volk die Gesetze des Großen Mysteriums zu erklären und beten zu lehren, damit es groß und mächtig würde. Währen der vier Tage, die sie im Tipi blieb, unterrichtete sie das Volk der Lakota: Dabei zeigte sie ihm viele heilige Bräuche. Lehrte auch, dass ein Mann, wenn er große Macht erlangen wollte, hoch in die Berge steigen und viele Tage fasten müsse. Nur so erhielte er die nötigen Visionen und erlange Kraft durch das große Mysterium. Sie lehrte wie man ein böses Herz bestraft, das Unschuldige leiden lässt, wie man junge Mädchen in der Zeit ihrer Reife zu behandeln habe, wie Kranke versorgt werden müsse. Andere Lehren betrafen Anbetung des Großen Mysteriums, die in der Weise zu geschehen habe, indem man jeden Sommer eine Jungfrau auszuwählen habe, die in den Wald gehen und einen gerade gewachsenen Baum fällen solle, der für den Sonnentanz aufgestellt werden müsse, doch vor dem Tanz sollten alle Jungfrauen des Lagers kommen und den Pfahl berühren zur Bekundung ihrer Reinheit.

Zu den wichtigsten aller Lehren der weißen Büffelfrau gehörten aber die 7 großen Zeremonien. Die beiden ersten der „sieben heiligen Riten“, nämlich den heiligen Pfeifenritus sowie den Reinigungsritus (auch als „Schwitzhütte“ bekannt) lehrte sie die Stammesführer persönlich und führte sie in deren korrekten Gebrauch ein.

 

Zu den weiteren 5 Riten zählten: Der Foster Parent Chant (Pflegeelterngesang), der Sun Dance (Sonnentanz), der Vision Cry (Visionsschrei), der Buffalo Chant (Büffelgesang) und der Ghost Keeper (Geisterhüter).

 

Die Lehren schlossen mit der Prophezeiung, dass sie die Botin, nun lange nicht mehr erscheinen würde, aber das Volk solle die heiligen Riten nicht zu vergessen , sondern intensiv pflegen. Ihre Wiederkehr würde in eine Zeit vor der Reinigung der Erde fallen, in einer Welt der großen Krisen, der Umbrüche und großen Veränderungen. Sie selbst werde dann der Natur und den Naturvölkern helfend zur Seite stehen.

 

Am 4. Tag ihres Aufenthaltes und der Lehren im Rats-Tipi trat die heilige Botin aus der Öffnung nach Osten hin.

 

Jene, die ihr gefolgt waren, erblickten lediglich ein junges weißes Büffelkalb, das anmutig über die Prairie schritt...

 

Wisse, dass seit jenen alten Tagen die Geburt eines weißen Büffelkalbes immer ein Anlass zu besonderer Freude war, kündete es doch die Rückkehr der weißen Büffelfrau und ihre Hilfe an. Seit den 1990er Jahren werden immer wieder weiße Büffelkälber geboren, die weder Albinos sind noch einer Züchtung entstammen, zuletzt in diesem Jahr – 2012.

 

Und ist Sie nicht in allem zu spüren, die Manifestation des weiblichen Aspektes des Großen Mysteriums, im Erhalten und Bewahren der Natur und ihrer Tiere, ja des Lebens selbst. Die weiblichen Aspekte in Männer und Frauen, die sich einsetzen für die Rechte der Entrechteten, der Geknechteten, der Betrogenen , der Beraubten, die ihre Stimme laut erheben und Schuld und Schuldige beim Namen nennen.

 

Es ist Zeitenwende, es scheiden sich die Geister in die Krieger des Großen Mysteriums und seine Feinde, die weiße Büffelfrau kehrt zurück.