Häuptling Ohwi

Der große Geist war vor der Erde

Ein Yakima-Häuptling war er, Ohwi, einer jener Indianerführer, die 1855, um den sog.entscheidenden  Walla-Walla-Vertrag abzuschließen, mit Gouverneur Stevens zusammentrafen. Christ war er,doch zeigte er sich nicht nur empört über den Gayuse-Krieg, sondern auch über das unchristliche, respektlose Verhalten des großen Stromes der weißen Einwanderer in den frühen Fünfziger-Jahren des 19. Jahrhunderts, sein noch junger Glaube wurde dadurch sehr erschüttert. Doch er verfügte über eine beeindruckende tiefe Religiosität, geprägt in christlichem Ton, auf's Tiefste verbunden mit der "alten Erdenmutter" des Nordwestens in archaischer Verehrung und tiefgründig im Widerhall. In seiner Antwort an Gouverneur Stevens auf dessen Übergabe-Forderung des Yakimalandes an die Weißen bewies er nicht nur politischen Scharfsinn, sondern auch eine erstaunliche Sprachkraft in seiner Rede, die kaum treffender und bewegender die Gier der weißen, Evangelium-salbadernden, heuchlerischen Eindringlinge entlarvte:

" Ich habe heute nichts über dieses Land zu sagen. Gott gab uns Tag und Nacht, die Nacht zum Ruhen und den Tag zum Sehen. Und das wird sein , solange die Erde besteht. Er gab uns den Morgen mit unserem Atem. Und so sorgt er für uns auf dieser Erde. Und so haben wir uns hier unter seinem Schutz versammelt.

War die Erde vor dem Tag oder der Tag vor der Erde? Der Große Geist war vor der Erde. Die Himmel waren klar und alle Dinge im Himmel waren gut. Gott blickte in die eine Richtung und dann in die andere, und er nannte uns das Land, für das wir sorgen sollten. Und Gott erschuf das Andere. Wir haben das Andere nicht erschaffen. Er schuf es für die Ewigkeit. 

Ist das Andere die Erde, welches unsere Mutter ist, oder ist es Gott, der unser älterer Bruder ist? Daraus ergibt sich für den Indianer die Frage: Woher stammen die Worte, die ihr Weißen an uns gerichtet habt? Gott erschuf die Erde, die Erde aber hört ihm zu, um zu erfahren wie er entscheidet. Der Große Geist erschuf uns und gab uns den Atem.

Wir sprechen miteinander und Gott hört alles, was wir heute sagen. Der Große Geist blickt heute auf seine Kinder herab, als ob wir eins wären. Er wird einen Leib aus uns machen. Wir Indianer haben Deine Worte gehört, als kämen sie von Gott.

Gott aber sprach, dass dieses Land unser sei. Darum fürchte ich mich, etwas über dieses Land zu sagen. Ich fürchte mich vor den Gesetzen des Großen Geistes. Darum fürchte ich mich, über dieses Land zu sprechen. Ich fürchte mich vor dem Großen Geist. Darum trauert mein Herz. Darum kann ich Dir keine Antwort geben. Ich fürchte mich vor dem Großen Geist.

Soll ich dieses Land stehlen und es verkaufen? Oder was soll ich tun? Darum ist mein Herz so traurig.

Meine Freunde, Gott hat unsere Leiber aus Erde gemacht, als ob sie anders wären als die der Weißen. Was soll ich tun? Soll ich das Land aufgeben, das ein Teil meines Körpers ist, und mich arm und hilflos machen? Soll ich sagen, ich gebe dir mein Land? Ich kann es nicht sagen. Ich fürchte mich vor dem Großen Geist 

Meine Liebe zum Leben ist der Grund, warum ich mein Land nicht weggebe. Ich habe Angst, in die Hölle geschickt zu werden. Ich liebe meine Freunde. Ich liebe mein Leben. Das ist der Grund, warum ich mein Land nicht weggebe". (Text der Rede entnommen aus:"Der Große Geist spricht. Reden berühmter Indianerhäuptlinge. Von William Arrowsmith u. Michael Korth).